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updated 08.01.2003 / kommentar impressum / home

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Mittelalterarchäologie auf dem 20. Niederbayerischen Archäologentag

Zum mittlerweile 20. Niederbayerischen Archäologentag lud der Kreisarchäologe des Landkreises Deggendorf Dr. Karl Schmotz vom 27. bis zum 29. April in die Stadthalle. Ursprünglich als Forum zum Meinungsaustausch der kommunalen Archäologen und ihrer ehrenamtlichen Mitarbeiter in Niederbayern gestartet, ist diese Veranstaltung inzwischen zu einem der wichtigsten Treffpunkte der bayerischen Landesarchäologie geworden. Die gewachsene Bedeutung zeigte sich auch daran, dass mit Dr. Egon Johannes Greipl erstmals auch der Generalkonservator des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege ein Grußwort an die Teilnehmer richtete.

War der Festvortrag am Freitag abend einem Thema aus der Vorgeschichte gewidmet (Prof. Jens Lüning sprach über "Das 6. Jahrtausend: Einheimische Jäger und Hirten und fremde Bauern"), so bildeten Themen der Mittelalterarchäologie doch einen Schwerpunkt der Referate am folgenden Samstagvormittag, weshalb hier ein kurzer Tagungsbericht die relevanten Vorträge zusammenfassen soll. Eine gedruckte Version der Vorträge wird wie immer bis zur nächsten Tagung vorliegen; Inhaltsangaben der bisherigen Tagungsbände können auf der Homepage des Verlags Marie Leidorf abgerufen werden.

Nach zwei Vorträgen zu vorgeschichtlichen Fundstellen ("Stichbandkeramik in Haindlfing, Markt Wallersdorf, Ldkr. Dingolfing-Landau"/Dr. Ludwig Kreiner sowie "Eine neue spätkeltische Viereckschanze bei Fehmbach, Gde. Stephansposching, Lkr. Deggendorf"/Dr. Karl Schmotz) sprach der Passauer Stadtarchäologe Dr. Jörg-Peter Niemeier zum Thema Auf den Spuren Paul Reineckes...: Grabungen auf dem Altstadthügel in Passau II. Bei einer Forschungsgrabung im sogenannten Seminargarten war es der Stadtarchäologie Passau möglich, die Ergebnisse einer Ausgrabung Paul Reineckes mit modernen Mitteln zu überprüfen. Reinecke hatte 1918 an dieser Stelle einen Schnitt an die sogenannte "Römerwehr", die hier erhaltene mittelalterliche Befestigungsmauer des Domhügels, gelegt (P. Reinecke, Grabungen auf dem Altstadthügel in Passau. Germania 3, 1919, 57ff.). Die Ergebnisse der Neuuntersuchung lassen sich wie folgt zusammenfassen: die von Reinecke als bajuwarische Anlage mit spätantiker Vorgängerin interpretierte Holz-Erdebefestigung dürfte in das 9./10. Jahrhundert zu datieren sein und in den Kämpfen des Jahrs 977 zwischen Kaiser Otto II. und dem aufständischen Bayernherzog Heinrich dem Zänker zerstört worden sein. Zwar ließ sich diese Datierung nicht völlig über Kleinfunde absichern, doch die Bauweise der Mauer erinnert eher an die bekannten Befestigungen dieser Zeit wie etwa Roßthal in Mittelfranken. Der von Reinecke als spätantik angesprochene Vorgänger dürfte eher eine erste Immunitätsbefestigung des Dombezirks im Frühmittelalter gewesen sein. Darunter konnten die bereits von Reinecke erfaßten Reste der Hallstatt- und Latènezeit erneut dokumentiert werden. Die Neuinterpretation des Befunds erscheint gerade im Hinblick auf die mögliche Immunitätsmauer spannend; vielleicht gibt es ja bald auch auf der Internetpräsenz der Passauer Stadtarchäologie weitere Details?

Anschließend befaßten sich zwei Vorträge mit neuen Untersuchungen in frühmittelalterlichen Gräberfeldern. Dr. Stefan Möslein sprach über Alburgs altes Totenfeld: neues zur Frühgeschichte Straubings. In Straubing-Alburg wurden 1998 bis 2000 etwa 400 Gräber eines ab dem 7. Jahrhundert belegten bajuwarischen Gräberfelds ausgegraben. Der zu etwa 50% beraubte Friedhof kann als Nachfolger der bekannten Nekropole in der Bajuwarenstraße angesprochen werden. Obwohl das Fundmaterial noch großteils unrestauriert ist, konnte Möslein anhand von Röntgenfotos eine Vorschau wichtiger Beigaben liefern.

An das Ende der Reihengräbersitte führte der Vortrag von Walter Wandling M.A., Das spätmerowingische Gräberfeld von Sulzbach am Inn, Lkr. Passau. Hier konnte die Kreisarchäologie Passau in mehreren Notgrabungen seit 1996 die Reste eines Friedhofs aus der späten Merowingerzeit dokumentieren, bei dem es sich um das Ortsgräberfeld des ab 754 in den Schriftquellen erwähnten Sulzbachs handeln dürfte. Unter den wenigen Beigaben ist ein Beinkamm bemerkenswert, zu dem Wandling Parallelen aus bajuwarischen Gräberfeldern Oberösterreichs nennen konnte.

Anschließend referierte Bernhard Ernst M.A. über die Ergebnisse der Ausgrabungen 1999/2000 auf der Burgruine Runding, Lkr. Cham. Im Rahmen der Sanierung der erst durch systematische Vernachlässigung und Demolierung ab 1850 zur Ruine gewordenen Burg kam es zu Ausgrabungen, die es Ernst ermöglichten, den Bestand in insgesamt 11 Bauphasen ab dem 11. Jahrhundert zu untergliedern. Die sanierte Ruine soll von dem Burgverein mit neuem Leben erfüllt werden: unter anderem soll in einem nach der Grabung rekonstruierten spätmittelalterlichen Backofen wieder Brot gebacken werden. Über diese Aktivitäten kann man sich auch im Internet informieren, wo die Burgruine unter der Domain www.burg-runding.de präsentiert wird.

In die Archäologie der Neuzeit führte der Vortrag von Manfred Mittermeier M.A. (Stadtarchäologie Deggendorf) über Die Hl. Grab Kapelle. Überlegungen zur Sanierung eines Baudenkmals und zur neuzeitlichen Friedhofskeramik. Während der ab 1996 aus Anlaß des dreihundertsten Todestags des Stifters Kaspar Ammann durchgeführten Sanierung der barocken Heilig-Grab-Kapelle in Deggendorf konnte die Stadtarchäologie Deggendorf ein umfangreiches neuzeitliches Keramikensemble bergen; es fand sich in einem bei einer ersten Renovierung der Kapelle 1795 angelegten Schacht an der Längswand. Die Mehrzahl der Scherben des in das 19. Jahrhundert gehörenden Funds stammten von Henkeltöpfen, Formen wie Schüsseln oder Deckel fehlten. Als Erklärung für dieses recht einheitliche Formenspektrum vermutete Mittermeier eine Funktion der Gefäße als Behälter für Weihwasser oder als Vasen für Blumenzier des angrenzenden Friedhofs. Neben einer Herkunft aus dem Kröning ist auch an eine lokale Produktion in Deggendorf zu vermuten.

Die Arbeit der Archäologischen Arbeitsgruppe MEMO stellte Monika Weigl vor. In dem an Fundstellen reichen Altdorf bei Landshut unterstützt diese ehrenamtliche Initiative das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege bei drängenden Notgrabungen, die von der zuständigen Außenstelle Landshut nicht übernommen werden können. Nach anfänglicher Skepsis begeisterten sich die Gemeindeoberen für die Arbeit der AG, so daß nun auch ein Museum eingerichtet werden konnte. In einem lebendigen und engagierten Vortrag schilderte Frau Weigl die harte und in der persönlichen Freizeit geleistete Arbeit auf den Notgrabungen um ihren Heimatort. Dieses Engagement der Altdorfer Bürger für die eigene Geschichte kann sicher nicht hoch genug gelobt werden. Dennoch bleiben in einer Zeit der allgemein laut werdenden Diskussion über die Verlagerung von Aufgaben der staatlichen Denkmalpflege hin zu privaten Initiativen wie etwa MEMO leise Zweifel. Denn wie es auch in dem Vortrag von Frau Weigl anklang, sind solche Initiativen stark vom Engagement einzelner Personen abhängig und drohen daher bei deren Ausfall zu verebben. Selbst aus der "professionellen" Archäologie kommend, scheint mir hier eine angemessene Ausstattung der zuständigen Denkmalbehörden die bessere Lösung zu sein - eine Unterstützung durch engagierte "Hobbyarchäologen" wird immer willkommen sein.

Mit diesem Vortrag endete der Vormittag, über den hier zu berichten war; die Vorträge am Nachmittag boten unter dem Rahmenthema "Fortschritte der niederbayerischen Archäologie in den letzten beiden Dezennien" Überblicke zum Forschungsstand der Steinzeiten sowie der vorrömischen Eisenzeiten. Die Berichterstattung dazu soll jedoch nicht Aufgabe von mittelalterarchaeologie.de sein.

(© 2001 Stefan Kirchberger)

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